Eigenkapitalentwicklung im Abwasserwerk der Stadt Lüdinghausen 2010-2016 |
Eine Neuregelung war erforderlich geworden, nachdem die Stadt mit dem seit 2007 verwendeten Modell vor dem OVG Münster gescheitert ist. - die WN berichteten.... Als Folge hat die Stadt zusammen mit der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) ein korrektes Berechnungsmodell für die Abwasser- und Niederschlagswassergebühren (fieses Wort ;-) ) erarbeitet. In der gestrigen Sitzungen wurden jetzt die auf der Grundlage des Modells errechneten Gebühren vorgestellt.
Für das Berechnungsmodell an dieser Stelle ein großes Lob: Sehr transparent, nachvollziehbar und bisher zumindest aus meiner Sicht keine logischen Schwächen. Kern der Neuregelung ist zukünftige Verwendung eines Mischzinssatzes bei der Berechnung der Kapitalkosten. Im alten Modell wurde mit getrennten Sätzen für Fremdkapital und Eigenkapital gerechnet. Das führte neben einigen formalen Fehlern bei der Festlegung des EK-Zinssatzes zur letztendlichen Neuregelung.
Eben dieser neue Zinssatz ist aber auch gestern Streitpunkt im Ausschuss gewesen. Die Verwaltung hatte einen Zinssatz von 6,3% vorgeschlagen. Dieser liegt im kommunalen Vergleich im oberen Mittelfeld, jedoch unter dem maximal zulässigen Satz von 6,8 Prozent.
Auswirkungen verschiedener Zinssätze auf die absolute Höhe der kalkulatorischen Zinsen im Abwasserwerk |
Jahr Gewinn
2013 - 1055 M.€
2014 - 775 M.€
2015 - 800 M.€
2016 - 805 M.€
Der Jahresüberschuss wurde in den vergangen Jahren stets zu einem Teil dem Stadthaushalt zugeführt, der größere Teil verblieb aber als Rücklage in der Gesellschaft. Das führt wie im obersten Bild zu sehen zu einem schleichenden Anstieg der Eigenkapitalquote. Im Ausschuss habe ich das gestern stark kritisiert: Die Stadt baut hier zu Lasten der Gebührenzahler Vermögen auf.
Das Abwasserwerk ist aber keine Sparkasse!
Dass ist nicht Zweck der Gebühren. Diese sollen eigentlich nach KAG nur Kostendeckend erhoben werden. Jetzt ist es so das wegen unterschiedlicher Vorschriften und Wahlmöglichkeiten zwischen KAG und HGB z.B. im Bereich Abschreibungen auf jeden Fall Gewinne anfallen, selbst wenn man die Gebühren versuchsweise sparsam berechnet.
Gebührensätze in Abhängigkeit der Kapitalverzinsung, Berechnung PwC |
Der Zinssatz ist jedoch frei wählbar. Er darf maximal 6,8% betragen, aber auch weniger. Die 6,3 % sind vollkommen willkürlich gewählt. Bevor also einfach irgendein Zinssatz gewählt wird, sollte man sich doch Gedanken machen wieviel Zuschuss zum Stadthaushalt und wieviel Eigenkapital im Abwasserwerk eigentlich nötig oder gewünscht sind. Ich plädiere da für eine angemessene Kapitalausstattung, die sich aber auf das Notwendige beschränken sollte. Wir brauchen keine EK-Quote von 50%, wie sie nach bisheriger Planung 2017 erreicht wird. Das Geld gehört nämlich den Gebührenzahlern. Wenn die Stadt mehr Geld braucht soll sie mit offenen Karten spielen und es per Steuer einnehmen, nicht aber mit einer zur Kostendeckung gedachten Gebühr.
Von Heribert Schwarzenberg (FDP) kam am Ende der Diskussion ein interessanter und auch für mich zu akzeptierender Vorschlag: Beschränkung der kalkulatorischen Zinsen auf die Summe, die das Abwasserwerk an Finanzierungskosten hat, also Fremdkapitalzinsen sowie die Dividende an den Stadthaushalt als Eigenkapitalzins. Der so errechnete Mischzins läge aktuell bei etwa 5,6-5,7%, abhängig vom Darlehnszins und der Dividende an die Stadt. Und über diese Dividende lässt sich doch dann viel transparenter streiten. Leider wurde daraus aber nichts - die FDP stimmte dann mit der CDU zusammen für die 6,3%....
Genau diesen von Floriam Bontrup favorisierten Vorschlag, dass die kalkulatorischen Zinsen die Summe der Finanzierungskosten des Abwasserwerkes und die geplante "Dividende" an den Stadthaushalt umfassen sollte, haben CDU und FDP umgesetzt, indem sie den Zinssatz auf 6,3% festgelegt haben. Ein Blick in den Haushalt 2012 verrät uns, dass die Verwaltung den Haushalt 2013 mit einer "Dividende" von 440.700,00 € planen will. Addiert man die Fremdkapitalzinsen des Abwasserwerkes von ca. 325.000,00 € hinzu, ergibt sich eine Summe von 765.700,00 €. Mit einer Treffergenauigkeit von 99,04 % zu den beschlossenen Zinsen i. H v. 773.099,00 € hat die Koalition also einen Beschluss gefasst, der auch im Sinne von Floriam Bontrup sein müsste.
AntwortenLöschenViele Grüße
Bernhard Möllmann
Ich würde es am liebsten Sehen, wenn wir auf eine steigende Eigenkapitalquote verzichten würden, und die Kapitalverzinsung entsprechend reduzieren. 40% EK-Quote sind wirklich genug, dass muss bis 2017 nicht noch auf über 50% ansteigen...
AntwortenLöschenAnsonsten stimmt die obige Rechnung. Ich hatte irgendwie die 5,7% ausgerechnet... Ob wirklich so viel Geld an den Stadtsäckel ausgeschüttet werden muss, steht aber ja auf einem anderen Blatt.
Lt. Säulendiagramm von PWC auf dieser Website beträgt das Eigenkapital der Stadt 2012 14.650 T€, d.H. das eingesetzte Kapital verzinst sich bei einer "Dividende" von 440.700,00 € mit ungefähr 3 %. Das dürfte bei einer risikolosen, unternehmerischen Beteiliguung auch in Anbetracht des geringen Zinsniveaus auf jeden Fall vertretbar sein.
AntwortenLöschenDen Abbau der Verbindlichkeiten halte ich durchaus für sinnvoll. Der darf allerdings nicht dazu führen, dass die kalkulatorischen Zinsen ungehemmt ansteigen. Das Problem besteht aus zwei Gründen nicht:
1. Das Säulendiagramm dürfte die Handelsbilanz abbilden. Das handelsrechtliche Kapital ist für die Ermittlung der kalkulatorischen Zinsen unerheblich. Man müsste dazu die Entwicklung der Bemessungsrunglage für die kalkulatorischen Zinsen bis 2017 heranziehen. Die liegt aber nicht vor.
2. Wie bereits vorstehend erläutert, soll die für den Haushalt geplante "Dividende" und die vom Abwasserwerk zu tragenden Finanzierungskosten Grundlage für die Ermittlung des kalkulatorischen Zinssatzes sein. Mit sinkenden Fremdkapitalaufwand, sinkt auch der kalkulatorische Zinsbetrag. Insofern sind die kalkulatorischen Zinsen gedeckelt.
Der Anstieg des Eigenkapitals in der Handelsbilanz verläuft unabhängig von der Höhe der künftigen kalkulatorischen Zinsen und ist weitestgehnd von den Indizes auf die kalkulatorischen Wiederbeschaffungskosten abhängig. Denn der die Fremdkapitalzinsen übersteigende Anteil an den kalkulatorischen Zinsen wird entnommen und dem städtischen Haushalt zugeführt. Die Fremdkapitalzinsen werden an die Banken abgeführt. Eine Zunahme des Eigenkapitals durch die kalkulatorischen Zinsen ergibt sich mithin nicht.